geplante Schließung der Robert-Bosch-Elektronik Thüringen GmbH

Wir fordern eine Perspektive für die Beschäftigten und für die Region

16.06.2022 | Arnstadt. Für den späten Mittwoch-Nachmittag, den 15. Juni 2022 haben der Betriebsrat der Robert-Bosch-Elektronik Thüringen GmbH und die IG Metall Erfurt zu Gesprächen in das Werk im Format eines Runden Tisches die relevanten Akteure aus dem politischen Raum der Region eingeladen. Ziel dieses ersten Termins war es, Zukunftsperspektiven für die Boschlerinnen und Boschler am Standort zu entwickeln und nächste Schritte zu diskutieren.

Kolleginnen und Kollegen der RBTE im unmittelbaren Vorfeld der Gespräche im Rahmen des Runden Tisches. Foto: IG Metall

Der Betriebsrat, vertreten durch den Vorsitzenden Andy Poplawski, hat heute im Rahmen des Runden Tisches gefordert, dass durch die Ansiedlung eines Fremdunternehmens am bisherigen Bosch Standort Arnstadt, hochwertige Arbeitsplätze erhalten bzw. geschaffen werden. Hierunter sind insbesondere gute Arbeitsbedingungen und Tarifbindung zu verstehen. Ziel des runden Tischs ist es also, bei der Investorensuche unterstützen und ggf. öffentliche Förderungsmöglichkeiten aufzuzeigen.

Kirsten Joachim Breuer, Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall und zuständige Betriebsbetreuer erklärte: „Es hat mit den wiederholt proklamierten Bosch-Werten, „lieber Geld zu verlieren als Vertrauen“ nichts mehr zu tun, wenn die so genannte Deutschland-GmbH, der Robert-Bosch-Konzern, heute einen Umgang mit den Menschen an Tag legt, wie man es von Finanzinvestoren übelster Sorte nicht schlimmer erwarten würde.

Die Gespräche im Rahmen des Runden Tisches haben heute noch einmal überdeutlich klargemacht, dass alle Rahmenbedingen am Standort gut sind. Die hiesigen Boschlerinnen und Boschler haben eine hohe Bindung und Identifikation mit ihrem Arbeitgeber. Das hiesige Gewerbegebiet Erfurter Kreuz entwickelt sich zu einem Kompetenzzentrum für die Elektromobilität. Über eine exzellente und gut angebundene Wissenschaftslandschaft und sehr breit aufgestellte Fördermöglichkeiten verfügt der Freistaat Thüringen am Erfurter Kreuz über beste Voraussetzungen für unternehmerisches Wachstum.

Bosch schlägt alle diese Rahmenbedingungen aus und setzt auf den Start möglicher anderer Produkte im Ausland.

Damit gefährdet die Konzernleitung ihren guten Ruf in der Region. Die „Robert-Bosch-Allee“ am Erfurter Kreuz droht zum Zubringer für eine Bosch-Industrie-Ruine zu werden.

Mit innovativen Vorschlägen und logischen Argumenten dringen Betriebsrat und IG Metall beim Arbeitgeber nicht mehr durch. Deshalb ist es mehr als wohltuend, die Thüringer Landesregierung, in der Person des Wirtschaftsministers Tiefensee und die Landespolitik über den wissenschaftspolitischen Sprecher der Landtagsfraktion von Die Linke, Christian Schafft und die wirtschaftspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Diana Lehmann an unserer Seite zu wissen.“

Die heutigen Gespräche mit den politischen Akteuren im Format des Runden Tisches wollen Betriebsrat und IG Metall in jedem Fall fortführen und perspektivisch noch ausweiten. Der heutige Termin ist nicht der Schlussstrich, sondern der Beginn eines intensiven Prozesses in der Entwicklung belastbarer Zukunftsperspektiven für die Boschlerinnen und Boschler und für die Region.

zum Hintergrund:
Am 08. Juli 2021 wurden den Beschäftigten der Robert-Bosch-Elektronik Thüringen durch den Arbeitgeber erklärt, das Werk zum Jahreswechsel 2021/22 schließen zu wollen. Dies stellte einen klaren Verstoß gegen den Tarifvertrag mit der IG Metall dar. Der Tarifvertrag regelt, dass frühestens mit dem Jahreswechsel 2022/23 der Standort geschlossen werden kann. Mit einer bundesweiten Kundgebung am 19. November 2021 hat die IG Metall unter anderen am Standort Arnstadt gegen die Abbaupläne des Konzerns protestiert. Seit 01. Dezember 2021 sind die 102 Beschäftigten des Standortes dazu verdonnert, bei Weiterzahlung ihrer Bezüge ohne Beschäftigung und ohne Perspektive ihren Arbeitsplätzen fern zu bleiben.

Die im Hintergrund laufenden Gespräche mit der Arbeitgeberseite verlaufen derzeit nicht erfolgversprechend. Dem Standort wird zur Last gelegt keine Forschungs- und Entwicklungskapazitäten vorzuhalten, um künftig neue Produkte ansiedeln zu können. Genau dies jedoch war Teil der Zukunftsregelungen im Tarifvertrag für den Standort. Bosch vergibt sich die Chance durch die Einstellung der Produktion eines Produktes am Standort Arnstadt künftig von der Entwicklung des Erfurter Kreuzes zu einem wichtigen Kompetenzzentrum der Elektromobilität abgeschnitten zu werden und nicht profitieren zu können. Es droht der Verfall des ehemaligen Teilwerkes für die aufgegebene Solarzellenproduktion des Bosch-Konzerns zu einer Industrieruine.

Derzeit klagt die übergroße Mehrheit der Kolleginnen und Kollegen ihr Recht auf arbeitsvertragsgemäße Beschäftigung vor dem Arbeitsgericht Erfurt über den gewerkschaftlichen Rechtsschutz ein. Darüber hinaus hat die IG Metall zusätzliche Klagen auf Schadensersatz für die Beschäftigten erhoben. Erste Urteile hierzu sind noch nicht rechtskräftig.

Von: kjb

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